Montag, 17. September 2012

Steirerblut ist kein Himbeersaft: Käferbohnen, Trauben & Rucola in Apfelsahne


Käferbohnen mit Trauben in Apfelsahne

Es soll ja Leute geben in der Alpenrepublik, die steirische Käferbohnen für derb und rustikal halten, und lieber weiße Bohnen essen, die ihnen feiner zu sein dünken. Hauptstädtischer Dünkel ist das, der völlig verkennt, dass weiße Bohnen die Zucchini unter den Hülsenfrüchten sind, nette Aromaträger, aber selbst eher neutral. Hingegen die Käferbohnen: cremig mürb, leicht maronisüß und mit einem Hauch von Nuss, zudem mit ihren dunklen violetten und braunen Sprenkeln viel hübscher anzusehen als ihre bleichen Verwandten. Apropos Optik: Auch die südsteirische Kulturlandschaft gewinnt durch den Käferbohnenanbau. Denn als ideales Stützgerüst für die Käferbohnen hat sich Mais erwiesen, deshalb werden die beiden gern in Mischkultur angebaut. Der Mais kriegt ein bisserl Vorsprung, damit die Bohnen gleich was zum Festhalten haben, wenn sie aus der Erde kommen. Und wenn dann der spröde Kukuruz von den üppigen Bohnenpflanzen mit ihren feuerroten Blüten umschlungen wird, sieht das doch gleich viel besser aus als die übliche traurige Maisfeldmonotonie.

Bei solchen Vorzügen ists kein Wunder, dass die Käferbohne gefühlt schon immer in steirischen Küchen daheim war - wie auch die Redewendung vom Steirerblut, das kein Himbeersaft ist, gefühlt schon schon immer vom wilden Bergvolk hinterm Semmering als "Wir lassen nicht alles mit uns machen"-Warnung verwendet wurde. Doch das Gefühl trügt: Dass Steirerblut kein Himbeersaft ist, wurde erstmals 1973 von Reinhard P. Gruber im Leben Hödlmosers festgestellt, aber diese knappe Beschreibung des steirischen Wesenskerns wurde sofort Allgemeingut. Desgleichen die Käferbohne, die erst im 19. Jahrhundert den Weg in die Steiermark fand, aber im Handumdrehen Teil der kulinarischen Tradition wurde. Und weil die Regierung in der fernen Hauptstadt sich tunlichst hütet, das Steirerblut in Wallung zu bringen, wurde die steirische Käferbohne auch ganz offiziell und amtlich ins Register traditioneller alpenrepublikanischen Lebensmittel aufgenommen.

Die klassische Zubereitung ist der berühmte steirische Käferbohnensalat mit Kernöl, aber da geht natürlich noch viel mehr und anderes. :-)

Käferbohnen, Trauben & Rucola in Apfelsahne

250 g Apfelsaft, naturtrüb
3-4 Thymianzweige
1 TL schwarze & weiße Pfefferkörner
1 1/2 TL Koriandersaat
3-4 Lorbeerblätter, frisch
250 g Sahne
Meersalz
ca 475 g Käferbohnen (aus der Dose / gekocht gewogen)
ca 250 g weiße Weintrauben, kernlos
einige Hand voll Rucola (alternativ Kochsalat)

In einem kleinen Topf Koriander, Pfeffer, Thymian und grob zerzupften Lorbeer im Apfelsaft aufkochen und bei moderater Hitze auf knapp ein Drittel einreduzieren. Sahne zugeben und auf ein gutes Drittel einköcheln. Durch ein Sieb in einen größeren Topf gießen, Bohnen und Weinbeeren zugeben, zurückhaltend salzen und einmal kurz aufkochen. Hitze reduzieren und 10-15 Minuten zugedeckt ganz sanft simmern lassen - die Bohnen sollen nicht zerfallen. Derbe Rucolablätter grob hacken und die letzten paar Minuten mitgaren. Wenn die Sahne jetzt zu dünn ist, ins kleine Töpfchen abgießen und cremig einköcheln; Bohnen derweil warmhalten. Bohnen mit den zarten ungegarten Rucolablättern und der Sahnecreme vermengen, nochmal abschmecken und servieren.

Und wie auf dem Feld vertragen sich die Käferbohnen auch am Teller bestens mit Mais, in Form cremiger Polenta.




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3 Kommentar(e):

Wilde Henne meint:

Witzige Abhandlung - hab soeben laut gelacht. Die Bohnen sind mir sehr sympathisch :-)
Hätte ich das mit den Bohnen und dem Mais früher gewusst, hätte ich noch handeln können vor meinem Küchenfenster. Aber jetzt ist natürlich alles zu spät. Hoffe, der Mais wird demnächst abgeerntet.

Heike meint:

Das haben wohl die Indianer schon so gemacht, mit dem Mais und den Bohnen, und seit dem ersten eigenen Garten versuch ich das, um mir Bohnenstangen zu sparen.
Allein, es will mir nicht gelingen. Zuerst werden die Maiskeimlinge von Schnecken vernichtet, dann die Bohnen gleich auch noch :/

Schönes Rezept!
Ich konnte letzte Woche auch den hübschen Bohnen nicht widerstehen :)

Hedonistin meint:

@Frau Henne - Als ich das mit der Mischkultur tippte, fiel mir gleich der Blick aus deinem Fenster ein. Endlose eintönige Maisfelder sehen nur bei Hitchcock gut aus, finde ich, und auch nur, wenn Cary Grant dort rumläuft. :-)

@Heike - Die Indianer sollen da ja sogar den flotten Dreier bevorzugt haben, mit Mais, Bohnen und Kürbissen. Ich finde das ausgesprochen vernünftig. In der Steiermark dürfen die Bohnen manchmal auch an Sonnenblumen hochranken, das sieht auch sehr schick aus. Aber vermutlich mögen Schnecken auch Sonnenblumen ...